Mittwoch, 15. Juni 2011

Standards und Normen ...

... darüber habe ich schon einmal geschrieben.
http://walterswirtschaft.blogspot.com/2010/10/euro-normen-en-und-nationale-normen-din.html
Ein Problem ist, dass Normen und Standards schon während der Erstellung veraltet sind. In einer immer rascher weiterentwickelnden Gesellschaft sind gedruckte, alle 5 (!) Jahre überarbeitete statische Werke unpassend.
Mit Patrick habe ich versucht, ein neues Konzept zu erarbeiten:
1. Man etabliere ein einschlägiges Fachforum (hoch moderiert durch Fachleute).
2. Man erstelle ein Standard-Werk.
3. Dieses Werk wird in erster Linie als pdf verschickt. Das ist nicht nur umweltfreundlich, sondern lagert auch gegebenenfalls den "Druck on demand" zum Leser, deswegen kann das Werk viel billiger werden.
4. Man erstelle einen Emailverteiler, wo die Leser sowohl über Neuerungen im Buch als auch über wichtige Posts im Forum benachrichtigt werden.

Im Forum kann nun der Inhalt diskutiert werden, neue Inhalte kommen dazu, die Leser werden automatisch am letzten Stand gehalten.

Umgesetzt haben wir das bei meinem "Hobby" - Ropes Courses: Das Ropes Course Forum der IOA (www.rcforum.cc) dient als Fachforum.
Das Werk ist Samstag erschienen:


Die ersten Bestellungen sind binnen Stunden eingegangen.
Ich bin gespannt, wie sich das Konzept bewährt.

Freitag, 10. Juni 2011

Stephan Schulmeister über unser Geldsystem

Ich habe nach der Diskussion im Burgkino eine Mail an Dr. Stephan Schulmeister geschickt, der einer der wichtigsten Ökonomen in Österreich ist und auch die Regierung berät:

An:
Von: "Walter Siebert"
Datum: 06/10/2011 02:35
Betreff: Frage zur Podiumsdiskussion


Sehr geehrter Herr Dr. Schulmeister,
mit hohem Interesse haben Freunde und ich der Podiumsdiskussion zugehört und nachher noch einigermaßen weiter diskutiert.
Auch nach dem nochmaligen Hören sind wir bezüglich der Fragen ums Geld nicht auf einen grünen Zweig gekommen.
Es ist uns immer noch ein Rätsel, woher das Geld für die Zinsen kommen soll. Sie erklären es, wenn wir Sie richtig verstanden haben, dadurch, dass mehr Produktivität und Rendite dieses Geld schafft. Das kann ich mir aus der Sicht eines Firmeninhabers nicht vorstellen, da durch meine Produktivitätssteigerung ja kein Geld erzeugt wird.
Darf ich Sie ersuchen, dies noch einmal zu erläutern oder einen Verweis auf eine Erklärung geben?
Mit freundlichen Grüßen
Walter Siebert
___________________
Mobil: +43-664-102 84 87
Siebert Consulting
Ramperstorffergasse 37
A-1050 Wien
Fax: +43-1-545 32 00 32
www.siebert.at

Die Antwort kam nach wenigen Stunden:

----- Original Message -----
Sent: Friday, June 10, 2011 10:10 AM
Subject: Antwort: Frage zur Podiumsdiskussion

Lieber Herr Siebert,
zu Ihrem Rätsel. Wenn wir in einem Kauri-Muschel-Geldsystem leben, in dem der Staat die Geldmenge absolut fixieren kann, gäbe es keinen Zins, weil es auch kein Wachstum gäbe - wenn doch, dann bei einem mit der Wachstumsrate fallenden Preisniveau (bei konstanter Geldmenge). In diesem Fall wäre der Nominalzins zwar Null, der Realzins entspräche der Wachstumsrate.
In einem Kreditgeldsystem wird dann jenes zusätzliche Geld geschöpft, das der zusätzlichen Produktion entspricht, wenn die finanzkapitalistische Geldvermehrung (nicht über realwirtschaftliche Gütervermehrung, sondern "selbstreferentiell") verhindert wird - wie zwischen 1950 und 1970 (mit Bretton Woods hat das nur am Rande zu tun, siehe China seit 1980). Die Inflation blieb zwischen 2% und 3% und das ist in einem kapitalistischen System ein notwendiger Stabilisierungsfakto (kann ich im Detail nicht ausführen, es betrifft die Relation Zinssatz zu Wachstumsrate - wenn von Interesse, laden Sie sich meinen Aufsatz aus 1995 über "Zinssatz, Wachtumsrate und Staatsverschuldung" von meiner Homepage runter).
Ergänzung: Es geht mir nicht um Wahrheiten etc., sondern um unterschiedliche Vorstellungen, den Zins zu erklären, Eine ist eben:

Ich habe 1000, die ich nicht ausgeben möchte, 10 Unternehmen hätten gerne die 1000 als Kredit für eine Investition. Sie bieten mir unterschiedliche Zinssätze an. Die Vermutung gilt, dass jener, der am meisten zahlen kann, dass profitabelste Projekt hat. So können meine 1000 zur besten Verwendung kommen. Ohne den Zins als Preis wäre das schwieriger. Für den Kreditgeber ist der Zins (in dieser Sichtweise) der Preis für seinen Nicht-Konsum (so die gängige Theorie, halte ich z. B. für mehr konstruiert als empirisch fundiert - positive Zeitpräferenz), für den Kreditnehmer der Preis für die Finanzierung des Projekts. Anders gesagt: Mit dem Zins wird ein Teil des durch technischen Fortschritt/Steigerung der Produktivität möglichen Zusatzertrags an den "Rentier" abgetreten - ob gerecht, ungerecht ist eine andere Geschichte. Der Zins ermöglicht nicht den technischen Fortschritt, hat ihn aber zur Voraussetzung.
Hab' schon anderen Mailschreibern geantwortet: Sie können ja nix dafür, aber seit ich als Ökonom tätig bin, wurde ich immer wieder mit Menschen in Gespräche verwickelt, welche mit dem Zins Probleme hatten, Gesellianer zumeist, aber auch Anhänger von neuen Geldsystemen. ich habe dem viele Stunden gewidmet, es hat für beide Seiten nix gebracht. Die Diskussion im Burgkino setzte die Serie fort............

Ich hoffe, mich verständlich ausgedrückt zu haben, kann mich aber einer weiteren Diskussion des Themas nicht widmen, bitte um Verständnis.

Herzlich,




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Name: Stephan Schulmeister Austrian Institute of
Phone: +43-1-7982601-242 Economic Research
Fax: +43-1-7989386 1030 Vienna, Arsenal, Objekt 20, Austria
e-mail: Stephan.Schulmeister@wifo.ac.at http://www.wifo.ac.at/
http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/