Dienstag, 26. Oktober 2010

Euro-Normen (EN) und nationale Normen (DIN, ON)

Normen sind zwar keine rechtsverbindlichen Normen, d.h. man kann nicht bestraft werden, weil man sie nicht einhält (so wie z.B. Geschwindigkeitsbeschränkungen).
Sie werden aber regelmäßig von Richtern herangezogen. Eine der häufigsten Fragen in einem Gerichtsprozess an den Sachverständigen lautet: Gibt es da Normen?
De facto haben sie also den Charakter eines Gesetzes – auch wenn mich Juristen für diesen Satz prügeln werden. Jedoch: wenn man im Falle des Falles eine Norm nicht eingehalten hat, hat man vor Gericht einen schweren Stand und braucht sehr, sehr gute Argumente.
Umso interessanter ist es, dass Normen von privatwirtschaftlichen Organisationen (CEN, Austrian Standards, DIN,...) produziert werden, deren Geschäft es ist, Normen zu erzeugen. Das klingt seltsam, aber: Wenn jemand an das Normungsinstitut herantritt mit dem Wunsch, „ich will diese Norm“, dann ist sie auch schon so gut wie entstanden, egal, ob sie die Branche braucht oder nicht. Für diesen Satz werden mich die Normungsinstitute prügeln. Jedoch: Sie verdienen nur an der Normenerstellung, und werden ihre Geschäftsgrundlage nicht boykottieren.

Normenarbeit ist teuer, für den, der daran arbeitet. Man muss für seine Autorenarbeit viel Geld zahlen und das Normungsinstitut verdient daran. Normen sind die teuersten Schriftstücke (sieht man von Gutenbergbibeln ab), die ich kenne - bedenkt man, dass nur ein Bruchteil des Inhaltes wirklich relevant ist.
Nachdem man dafür viel Geld bezahlt hat, dass man an der Norm mitarbeiten darf (ich habe z.B. 2 Jahre daran gearbeitet), darf man sie zur Belohnung am Ende kaufen.
Ja, eines der letzten schönen Monopole....
Normen werden von Personen/Unternehmen mit wirtschaftlichen Interessen initiiert und dominiert. Es gibt Lobbyisten, deren Job es ist, Normen vorantreiben. Vertreter von kleinen Unternehmen sind in der Minderheit. Somit dienen Normen in erster Linie den wirtschaftlichen Interessen der größten Unternehmen:
1. Spezielle Produktionsmethoden werden zum Standard erhoben, andere Methoden damit aus dem Markt gedrängt. Wer kann es sich leisten, nicht normgerecht zu produzieren?
2. Auch, wenn eine Norm eine Methode unnötig verteuert, werden dadurch die kleinen Unternehmen aus dem Markt gedrängt, weil sie es sich nicht leisten können.

Normen sind nach neoliberalen Gesichtspunkten aufgebaut: Wer zahlt, schafft an, wer mehr zahlt, schafft mehr an (weil man mehr Personen für Abstimmungsprozesse einbringen kann).

Bedenklich ist auch, dass es aufwändig ist, zu erfahren, dass eine Norm gerade im Entstehen ist. Die Betroffenen merken oft erst, dass es eine Norm gibt, wenn es die ersten Gerichtsprozesse gibt.

Ich wünsche mir ...
... dass sie angesichts ihrer hohen Rechtswirksamkeit öffentlich bzw. zu einem akzeptablen Preis zugänglich sind.
... dass die Mitarbeit zumindest gratis möglich ist und die Gruppe paritätisch bestzt wird. Konsumenten sind de facto nie vertreten.
... dass es eine Instanz gibt, bei der man Fakten und Belege für Regeln einfordern kann. Derzeit kann eine Interessensgruppe eine Regel hineinbringen, ohne diese belegen zu müssen.

siehe auch: http://walterswirtschaft.blogspot.co.at/2011/06/standards-und-normen.html

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