Sonntag, 31. Oktober 2010

Wie die WU den Neoliberalismus unterstützt

Heute habe ich mit einem WU-Studenten des ersten Semesters geplaudert. Er erzählte mir, was er so lernt, und mit einer Selbstverständlichkeit erwähnte er ein Modell, mit dem man den Gewinn bei bestimmten Prozessen maximieren kann. Auf meine Nachfrage meinte er, dass Gewinnmaximierung ein unbedingtes Ziel des Unternehmens ist, um langfristig am Markt bestehen zu können.
Dazu muss man bedenken, dass es die Idee, der Zweck von Unternehmen ist die Gewinnmaximierung, erst seit 10-15 Jahren auf breiter Basis gibt. Vorher hat es einen Unternehmenszweck gegeben, der im Produkt oder der Dienstleistung bestanden hat, und Gewinn (ohne Maximierung!!) war eine der Notwendigkeiten, um langfristig am Markt ebstehen zu können.
Es ist verblüffend, wie schleichend und unbemerkt sich die Ideologie des Neoliberalismus, nämlich die Gewinnmaximierung, in unser Gedankengut eingeschlichen hat.
Ein weiterer Satz ließ mich aufhorchen: "Die WU bewertet die Theorien nicht". Was für eine verblüffende Täuschung! Alleine das Aussieben von Theorien an der WU, die dem Neoliberalismus gefährlich werden könnten, stellt schon eine massive Bewertung dar - unbemerkt für die Studenten. Man braucht nicht mehr zu sagen: Gewinnmaximierung = gut, Freiwirtschaft = schlecht (weil da bräuchte man ja Argumente), wenn man Silvio Gesell erst gar nicht erwähnt.
Eine kurze Befragung ergab, dass Namen wie Smith, Taylor, Keynes gelehrt werden, Gesell oder gar Proudhon nicht.
Und bereits im ersten Semester läßt man die Studenten im Glauben, dass wenn jeder auf seinen Vorteil schaut, sich der Markt zum Wohle aller regelt .
Whow.
Die Wirtschaftskrise ist jedenfalls an der WU völlig spurlos vorübergegangen.

Dienstag, 26. Oktober 2010

Euro-Normen (EN) und nationale Normen (DIN, ON)

Normen sind zwar keine rechtsverbindlichen Normen, d.h. man kann nicht bestraft werden, weil man sie nicht einhält (so wie z.B. Geschwindigkeitsbeschränkungen).
Sie werden aber regelmäßig von Richtern herangezogen. Eine der häufigsten Fragen in einem Gerichtsprozess an den Sachverständigen lautet: Gibt es da Normen?
De facto haben sie also den Charakter eines Gesetzes – auch wenn mich Juristen für diesen Satz prügeln werden. Jedoch: wenn man im Falle des Falles eine Norm nicht eingehalten hat, hat man vor Gericht einen schweren Stand und braucht sehr, sehr gute Argumente.
Umso interessanter ist es, dass Normen von privatwirtschaftlichen Organisationen (CEN, Austrian Standards, DIN,...) produziert werden, deren Geschäft es ist, Normen zu erzeugen. Das klingt seltsam, aber: Wenn jemand an das Normungsinstitut herantritt mit dem Wunsch, „ich will diese Norm“, dann ist sie auch schon so gut wie entstanden, egal, ob sie die Branche braucht oder nicht. Für diesen Satz werden mich die Normungsinstitute prügeln. Jedoch: Sie verdienen nur an der Normenerstellung, und werden ihre Geschäftsgrundlage nicht boykottieren.

Normenarbeit ist teuer, für den, der daran arbeitet. Man muss für seine Autorenarbeit viel Geld zahlen und das Normungsinstitut verdient daran. Normen sind die teuersten Schriftstücke (sieht man von Gutenbergbibeln ab), die ich kenne - bedenkt man, dass nur ein Bruchteil des Inhaltes wirklich relevant ist.
Nachdem man dafür viel Geld bezahlt hat, dass man an der Norm mitarbeiten darf (ich habe z.B. 2 Jahre daran gearbeitet), darf man sie zur Belohnung am Ende kaufen.
Ja, eines der letzten schönen Monopole....
Normen werden von Personen/Unternehmen mit wirtschaftlichen Interessen initiiert und dominiert. Es gibt Lobbyisten, deren Job es ist, Normen vorantreiben. Vertreter von kleinen Unternehmen sind in der Minderheit. Somit dienen Normen in erster Linie den wirtschaftlichen Interessen der größten Unternehmen:
1. Spezielle Produktionsmethoden werden zum Standard erhoben, andere Methoden damit aus dem Markt gedrängt. Wer kann es sich leisten, nicht normgerecht zu produzieren?
2. Auch, wenn eine Norm eine Methode unnötig verteuert, werden dadurch die kleinen Unternehmen aus dem Markt gedrängt, weil sie es sich nicht leisten können.

Normen sind nach neoliberalen Gesichtspunkten aufgebaut: Wer zahlt, schafft an, wer mehr zahlt, schafft mehr an (weil man mehr Personen für Abstimmungsprozesse einbringen kann).

Bedenklich ist auch, dass es aufwändig ist, zu erfahren, dass eine Norm gerade im Entstehen ist. Die Betroffenen merken oft erst, dass es eine Norm gibt, wenn es die ersten Gerichtsprozesse gibt.

Ich wünsche mir ...
... dass sie angesichts ihrer hohen Rechtswirksamkeit öffentlich bzw. zu einem akzeptablen Preis zugänglich sind.
... dass die Mitarbeit zumindest gratis möglich ist und die Gruppe paritätisch bestzt wird. Konsumenten sind de facto nie vertreten.
... dass es eine Instanz gibt, bei der man Fakten und Belege für Regeln einfordern kann. Derzeit kann eine Interessensgruppe eine Regel hineinbringen, ohne diese belegen zu müssen.

siehe auch: http://walterswirtschaft.blogspot.co.at/2011/06/standards-und-normen.html

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Was macht Andre Heller auf der WU??


Andre Heller wurde eingeladen im Rahmen der Serie "Open Minds". Und ich wurde eingeladen von meinem Sohn Patrick.
Andre Heller hat mich schon vor Jahrzehnten fasziniert, obwohl ich seine Texte nicht verstanden habe.
Heute habe ich ihn sehr gut verstanden.
Zur Lebensgeschichte:
Bei einem seiner ersten Filme hat er 800.000 Euro in den Sand gesetzt, nur um Erika Pluhar kennenzulernen ...
Was er zur Wirtschaftsuni beitragen kann: Sein Finanzkonzept ist rasch erklärt. Geld gibt man aus, alles andere ergibt sich von selber. Und wenn morgen einer im Radio verkünden würde: 2 plus 2 ist 5, würde ihn das nicht überraschen, so hat er schon seit Jahren gerechnet.
Somit beginnt er zu erzählen....
Am Beispiel des Verbrennungsprojekts in Lissabon hat er eine Antwort auf die wichtige Frage erhalten: Wo bin ich für mich selbst gefährlich?
Heller spricht vorwiegend von seiner Entwicklung, die mit der Geburt seines Sohnes vor 22 Jahren eine entscheidende Wendung genommen hat. Seine erste Lebens/Schaffensphase war durch Egobefriedigung, Angst und Größenwahn geprägt. Er war ein tobsüchtiges arabeskoides Wutkind. Die ersten 10 Jahre war er nur damit beschäftigt, die persönliche Eitelkeit zu bedienen. Sein früher Erfolg ließ ihn ein wenig durchatmen. Dennoch konnte er nie glücklich und zufrieden über seine Erfolge sein. Die Energie, die man austeilt, kriegt man zurück, und wenns über einen Rebound geht.
Die Geburt seines Sohnes Ferdinand ließ die Frage aufkommen: Wie kann ich ihn lieben und mich selbst nur kritisieren? Heller hat eingesehen, dass er jetzt 2 Kinder hat: ihn und sich selbst. Er hat beschlossen:
"Bring Dich selbst noch einmal auf die Welt und behandle dich so, wie du behandelt werden willst."
Es ergeben sich daraus drei Lernfelder:
1. Das Ego ist ein Hund. Es will den zittrigen Buben hinter dem Paravent verstecken. "Es ist die Domäne der Intellektuellen, hochmütig zu sein".
2. Tritt mit deiner Angst in Kontakt und überrede sie, dich zu verlassen. Die Angst kommt aus dem Mangel an Vertrauen.
3. Lerne bedingungslose Liebe.
"Hass macht blind, Liebe macht sehend."

Mach Projekte zu Liebesgeschichten.

Kopple dich von den Wünschen anderer ab. "Ich schwinge nicht mit dem Zeitgeist, dafür bin ich synchron mit den Schwingungen meiner Seele."

"Das tollste an mir ist, dass ich die Chance habe, aus mir mich zu machen."
Eine wesentliche veränderung war auch, dass er nicht mehr andere als Schuldige akzepriert hat sondern sich selbst verantwortlich gefühlt hat.

Erschüttert ist Andre Heller über die Bildungspolitik im speziellen und die Politiker im allgemeinen. Er ist der Meinung, man sollte den Unis zumindest so viel geben wie der Volksbank.
Er ist für eine Qualitätsguerillabewegung, da Bildung die Zukunft unseres Landes ist.

Auf die Frage: "Glauben Sie an Gott" sagte er: "Mit 63 Jahren glaube ich: Wir sind Gott und Gott ist in uns. Die Liebe ist Gott - nicht: Gott ist die Liebe. Spiritualität ja, Religion nein. Gott spielt nicht für den FC Vatikan oder FC Klagemauer.
Wir haben die Fähigkeit, in Freude aus sich heraus zu existieren.

Fazit: Ein sehr inspirierender Abend. Ich nehme mir vor, verstärkt in diese Richtung zu arbeiten. Früher aufzustehen ... nein, "in der Früh ist bei mir gar nix." (Zitat Heller) Mehr aufzustehen und meine Meinung zu sagen, meine Angst wegschicken. Mehr an meiner Demut und Liebesfähigkeit im Sinne Hellers göttlicher Liebe zu arbeiten (auch wenn das sehr kitschig klingt).
Wo ich nicht zustimme:
Ich werde keinen Qualitätsguerrillakrieg unterstützen. Ich werde mein Projekt Bildung (an dem ich seit längerem beteiligt bin) zu einer Liebesgeschichte machen.

Und: Danke, Patrick, dass du mich mitgenommen hast.

Freitag, 15. Oktober 2010

Globaler Wandel im Gange

In der letzten Zeit häufen sich die Anzeichen für einen grundlegenden globalen Wandel. In vielen gesprächen, Artikeln, News usw. tauchen neue Ansichten auf, so dass ich von einem globalen Paradigmenwechsel sprechen möchte.Ich habe hier auf meiner Homepage eine Liste zusammengestellt:
http://www.siebert.at/media/file/47_altes_und_neues_Paradigma3.pdf
Ich möchte heute, am 12. März, eine Ergänzung anbringen:
Es ist eine stille revolution im Gange, von unüberblickbarem Ausmaß, und ich bin gespannt, wann der "Tipping Point" kommt.
Wir hören nur das Laute (Libyen, die Merkel, ...) aber nicht das Leise. Parteien, die gegründet werden und komplett neue Programme haben, Frauen, die im Stillen, aber nicht weniger wirkungsvoll agieren, Männer, die den Neoliberalismus nicht mehr mittragen wollen, Firmen, die sich einer Gemeinwohl-Bilanz verschreiben, ....
Ob wir nun an ein morphisches (morphogenetisches) Feld glauben oder nicht: Es lohnt sich, so zu tun, als ob es es gäbe und es mit positiven Gedanken und Schwingungen zu erfüllen: In die Freude gehen, Liebe und alle Hilfen zu denen die es brauchen ... wie auch immer man es für sich formuliert.
Es ist mehr im Gange, als wir glauben.